Derzeit sind Biokraftstoffe, Flüssiggas (LNG), komprimiertes Erdgas (CNG) und Elektrizität als Hauptalternativen zu herkömmlichem Diesel verfügbar. Je nach Rohstoffquelle oder Energieverbrauch sind die alternativen Kraftstoffe erneuerbar.
»Die beiden wichtigsten Biokraftstoffe für Dieselfahrzeuge sind hydriertes Pflanzenöl (HVO) und Fettsäuremethylester (FAME). HVO hat bessere Verbrennungseigenschaften als Diesel und erzeugt geringere Partikelmaterie- und Stickoxid- Emissionen (PM und NOx). HVO hat auch den Vorteil, dass es als Ersatz oder als Ergänzung zu herkömmlichem Diesel ohne Modifikation des Motors verwendet werden kann«, betont Lauren Kreno, EU Fuel Products Technical Advisor bei Exxon Mobil. Sofern 100 % HVO als Kraftstoff verwendet werde, müssten die Herstellervorgaben hinsichtlich der Anforderungen an die Kraftstoffqualität geprüft werden. »Die Verfügbarkeit von HVO ist begrenzt und die Nachfrage wird vermutlich noch zusätzlich durch bestehende und vor allem zukünftige gesetzliche Anforderungen weiter steigen«, so Kreno.
Geringere Partikelemissionen
FAME kann theoretisch geringere PM-Emissionen als Diesel verursachen. Zusätzlich kann jedoch eine weitere Verarbeitung erforderlich sein, um mögliche Betriebsprobleme des Kraftstoffsystems zu verringern. »Beispielsweise weist FAME mehr Verunreinigungen als HVO auf, die bei niedrigeren Temperaturen eine Filterblockierung im Kraftstoffsystem verursachen können. FAME hat auch ein höheres Potenzial zur Förderung eines mikrobiologischen Wachstums im Tank. FAME muss zudem mit Diesel gemischt werden, da die Motorenhersteller bislang in der Regel eine maximale Beimischungskonzentration festlegen«, sagt Dirk Pyatt, Commercial Fuels Marketing Manager.
Erdgas ist ein Kraftstoff, der verstärkt auf dem Kraftstoffmarkt Fuß fasst, wie Pyatt weiter argumentiert. »LNG sowie CNG haben sehr niedrige PM- und NOx-Emissionen und können darüber hinaus Kohlendioxidemissionen (CO₂) um 10 % bis 15 % gegenüber Diesel reduzieren. Das bedeutet, dass einige LNG- und CNG-Lkw die aktuellen und strengen europäischen Emissionsanforderungen mit einem einfacheren Nachbehandlungssystem als Diesel-Lkw erfüllen können, wodurch eine Verwendung von Zusätzen wie z. B. Adblue reduziert oder vermieden wird«, so Pyatt.
Aufwendigere Tanks
LNG erfordert Kryotanks – die Fahrzeuge sind in der Regel teurer als die für Diesel ausgelegten. LNG könnte sich jedoch, so Pyatt, als überzeugende Kraftstoffalternative für größere Fahrzeuge mit einer jährlichen Leistung von 100 000 km oder mehr erweisen. »Neuere Fahrzeuge haben derzeit eine Reichweite von bis zu 1 000 km mit einer Tankfüllung. Sobald die notwendige Infrastruktur vorhanden sein wird, wird LNG in der Regel zu geringeren Kosten als Diesel verfügbar sein«, ist Pyatt überzeugt.
Halbe Energiedichte
CNG hat rund die Hälfte der Energiedichte von LNG und »eignet sich aufgrund des Verhältnisses zwischen Energiespeicher und Fahrzeugnutzlast besser für Flotten mit kürzeren Entfernungen, beziehungsweise regelmäßiger Rückkehr an den Flotten- oder Betankungsstandort«, so Pyatt. »Die Installationskosten für diesen Kraftstoff sind im Vergleich zu LNG geringer, und das Betanken erfolgt bei geringerem Druck, sodass weniger aufwendige Sicherheitsmaßnahmen erforderlich sind.«
E-Zukunft
Elektrizität ist eine weitere Antriebsalternative. Angesichts des hohen Leistungsbedarfs großer Nutzfahrzeuge wäre jedoch eine sehr große Batterie erforderlich, die möglicherweise die maximale Nutzlast beeinträchtigt. Derzeit sind die Hauptanwendungen für elektrische Nutzfahrzeuge u. a. städtische Lieferfahrzeuge, die in emissionsarmen Zonen betrieben werden und kurz- oder mittelfristig zum Betriebsstandort zurückkehren.
Brennstoffzelle
Eine weitere Variante des elektrischen Antriebs ist die Brennstoffzelle. Hier wird Energie, die bei der Oxidation eines kontinuierlich zugeführten Brennstoffs wie Wasserstoff entsteht, in Elektrizität umgewandelt. Der Wirkungsgrad einer Brennstoffzelle kann höher sein, als der von Verbrennungsmotoren; auch gilt diese Antriebsart als nahezu emissionsfrei. Die Entwicklung von Versorgungsinfrastruktur und Fahrzeugkonzepten stellen zurzeit aber noch eine Herausforderung dar. »Eine aussagefähige TCO-Analyse (Total Cost of Ownership) ist daher noch nicht verlässlich machbar«, unterstreicht Pyatt. »Vor dem Umstieg auf Kraftstoffalternativen haben Flottenbetreiber Faktoren wie Fahrzeugkosten, Kraftstoffverfügbarkeit, Gesamtentfernung, typische Routen und durchschnittliche Kilometerleistung zu berücksichtigen. Die Durchführung einer solchen TCO-Analyse hilft auch dabei, den besten Kraftstoff- und Fahrzeugmix für die eigene Flotte zu ermitteln«, wie Pyatt unterstreicht.
Die Zukunft von Diesel
Obwohl die Entwicklung und Verbreitung alternativer Antriebsstoffe schon viele Erfolge vorweisen könne und intensiv fortgesetzt werde, dürfte Dieselkraftstoff auch in Zukunft einen bedeutenden Teil des Kraftstoffmixes für große Nutzfahrzeuge ausmachen, wie Lauren Kreno und Dirk Pyatt überzeugt sind. Dieselbetriebene Fahrzeuge würden weiterentwickelt, um einen verringerten Ausstoß von Partikeln und NOx zu erreichen. Gleichzeitig investierten Ölunternehmen in Forschung und Entwicklung, um die Leistung von Dieselkraftstoff zu verbessern. Exxon Mobil zum Beispiel habe Esso Diesel Efficient entwickelt (das bauMAGAZIN berichtete bereits in Heft 8/18, Seite 114). Der Kraftstoff wurde konzipiert, um Ablagerungen an Einspritzdüsen zu beseitigen und die Motorleistung zu verbessern. In Tests habe Esso Diesel Efficient dazu beigetragen, Emissionen und Verbrauch zu senken. Getestet wurde der Kraftstoff von Pfaff Logistik in Baienfurt und vom Institut Millbrook Proving Ground, das zu den Pionieren in der Entwicklung von Lösungen für die Emissionsreduzierung zähle und zertifiziert ist nach ISO 17025, 9001 und 14001. Zudem verfüge das Institut über langjährige Erfahrung in den Tests von Automobil- und Antriebstechnologien.
Kraftstoffmix der Zukunft
Die Vorschriften für Fahrzeuge jeder Art entwickeln sich rasant weiter und die Betreiber von kommerziellen Flotten konzentrieren sich stärker denn je auf die Optimierung der Gesamtbetriebskosten. Die Infrastruktur für die Versorgung mit einigen alternativen Kraftstoffen mag teilweise noch in den Kinderschuhen stecken und dennoch ist ein Wandel im Nutzfahrzeugsektor absehbar. »Für Nutzfahrzeugbetreiber ist es daher auch zukünftig wichtig, mit verlässlichen Kraftstofflieferanten zusammenzuarbeiten und gemeinsam die optimale Kraftstofflösung für ihr Unternehmen zu entwickeln«, betont Pyatt. t